ChinesischeTempelkueche

„Die chinesische Tempelküche – vegetarische Originalrezepte aus berühmten buddhistischen Klöstern“ von Martina Hasse

Die vegetarische Küche kann so viel! Und sie ist gar nichts Neues. In China beispielsweise ernähren sich buddhistische Mönche schon seit Jahrhunderten vegetarisch. Sie glauben daran, dass alles Fleisch zum Kreislauf des Lebens und der Wiedergeburten gehört und achten jedes Lebewesen. Sie ernähren sich seit über tausend Jahren von Pflanzen. Von Wurzeln, Blüten, Stielen, Nüssen und Früchten. Und sie erkennen die gesundheitlichen Auswirkungen dieser Ernährung an. Weniger fettbedingte Krankheiten stehen da ganz weit oben, gefolgt von vielen positiven Einflüssen der einzelnen Pflanzen.

Marina Hasse ist so fasziniert von dieser Küche, dass sie fünf der berühmtesten Klöster besucht und eine Rezeptsammlung in einem Buch zusammen gefasst hat. „Die Chinesische Tempelküche – Vegetarische Originalrezepte aus berühmten buddhistischen Klöstern“, erschienen im AT-Verlag. Und dieses Buch möchte ich Euch heute vorstellen. 

Coverdaten vom AT Verlag zur Verfügung gestellt
Coverdaten vom AT Verlag zur Verfügung gestellt

Erster Eindruck und Äußerliches:
Das Buch selbst ist gebunden und hat einen Schutzumschlag. Grafisch ist es schlicht gehalten und dem Thema angepasst; die Schrift ist gut zu lesen und die Rezepte stechen hervor. Mit seinen rund 230 Seiten ist das Buch eine schöne Ansammlung vieler, bunter Rezepte und die stimmungsvollen Fotografien von Jan-Peter-Westermann lassen einen komplett in die fernöstliche Kloster-Welt eintauchen. Neben den einzelnen Rezepten, die allesamt von appetitanregenden Bildern begleitet werden, findet man im Buch auch Eindrücke in die jeweiligen besuchten Klöster. Auch hier unterstützen die Fotografien von Mönchen, Statuen, ruhigen Außen- und Innenstillleben und lassen auf keiner Seite vergessen, worum es in diesem Buch geht.

Zum Inhalt:
Der Titel ist Programm. Das Buch beginnt mit einem Grundsatz zum Vegetarismus und der Ideologie dahinter, bzw. der Bedeutung für die buddhistischen Mönche und den Merkmalen der buddhistischen Kochkunst, insbesondere im Szechuan-Gebiet Chinas. Der anschließende Hauptteil gliedert sich in fünf große Kapitel, jeweils einem besuchten Kloster zugehörig. Martina Hasse beginnt jedes Kapitel mit einer Einleitung samt Beschreibung über das Kloster selbst und schließt dem die einzelnen, dort gesammelten Rezepte an. Dem Hauptteil folgt eine Liste mit Literaturanregungen für Interessierte, ein Glossar zu den einzelnen traditionellen Lebensmitteln samt Erklärung zu deren gesundheitlicher Auswirkung (sehr interessant!) sowie deren Einsatz in der Küche und schließlich das übersichtliche Rezeptverzeichnis. Die gesundheitlichen Auswirkungen kommen über das gesamte Buch hinweg immer wieder zu Sprache und rücken somit leicht in den Vordergrund ohne sich jedoch aufzudrängen.

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Nachgekocht: Staudensellerie mit Cashewnüssen von Seite 35

Die Rezepte:
Was gleich ins Auge fällt: Es sind tatsächlich traditionelle Rezepte! Nicht „eingedeutschte“ Gerichte, in denen ursprüngliche, chinesische Zutaten durch Ersatzprodukte vertauscht wurden, sondern originalgetreue Einblicke in die chinesische Kochkunst. So findet man Zutaten wie Yamswurzel, Tofuhaut, Bambussprossen oder Sojabohnen, allerdings auch uns bekannte Lebensmittel, wie Spargel, Fenchel, Sellerie, Kürbis und eine große Vielzahl von Nüssen und Pilzen. Und selbst hier bleibt das Buch spezifisch und erfrischend vielfältig. Im Rezept Bambussprossen-Pilz-Terrine mit Ginkokernen (Seite 85) beispielsweise ist die Rede von Schopftintlingen. Schonmal gehört? Schonmal probiert? Sie wachsen auch bei uns, sind eine reine Delikatesse und schmecken nach einer Mischung aus Steinpilz und Spargel.

Viele der Rezepte sind nicht nur vegetarisch, sondern gar vegan. So beispielsweise die Löwenkopfklopse mit Spinat (Seite 36), die Kürbisküchlein mit Sesam (Seite 96), der geschmorte Taro mit Abalonepilzen (Seite 129) oder das Mango-Sushi (Seite 140). Die besonderen Vorlieben und Spezialitäten der jeweiligen Klöster werden hierbei im jeweiligen Kapitel zusammen gefasst und bilden einzelne, lockere Themengruppen. So findet man im Kapitel zum Kloster Baoguangsi deren berühmte „Fang-Huncai-Gerichte“ (Fleischgerichte mit vegetarischen Zutaten) im Kapitel über das Kloster Wuyousi einige Sushivarianten und bekommt bei der Beschreibung des Yongxingsi-Nonnensklosters einen Einblick in das älteste Teefeld der Welt, samt Rezepten mit Tee, wie beispielsweise Grüntee-Tofu (Seite 154). „Beilagen“, wenn man so will, findet man ebenso in fast jedem Kapitel, wie Hauptgerichte, Knabberzeug, Getränke und Süßspeisen. Ein bunter Mix, bei dem jeder fündig wird.

Der Praxistest:
Die Rezepte sind kurz gehalten und allesamt einfach nachzukochen, so dass man rasch Lust bekommt tiefer in die vegetarische, buddhistische oder auch südostasiatische Küche einzutauchen. Man lernt ohne großen Aufwand köstliche vegetarische Gerichte auf den Tisch zu bringen, die vielfältig und abwechslungsreich sind. Schwieriger ist es an die traditionellen Zutaten heran zu kommen: Taro bekommt man in Deutschland kaum, ebenso selten sind Yamswurzeln, in Salz eingelegte Enteneier oder Süßkartoffelblätter. Hier muss man entweder die Zutaten weglassen oder erfindungsreich werden mit dem, was es hierzulande zu kaufen gibt. Das Glossar mit der Beschreibung zu den einzelnen Zutaten, sowie Tipps und Hinweise bei den Rezepten helfen hier ab und an weiter, aber auch kreatives Probieren.

Einzige Rezepte listen in den Zutaten Fleischersatzprodukte auf, wie beispielsweise vegetarisches Huhn… sicher kann man hier auch sein eigenes Ding mit einem echten Huhn draus machen. Warum denn nicht?! Schön ist es, dass man beim Nachkochen die Wirkung der einzelnen vegetarischen Produkte ans Herz gelegt bekommt: Sellerie ist gut für die Nerven, bei Unwohlsein oder bei Krämpfen. Nüsse senken den Cholesterinspiegel und beugen Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor. Erdnüsse senken den Appetit auf Fleisch, unterstützen die Lunge und den Magen und helfen bei Mangelerscheinungen. Bambus hilft bei Arthrose, Rheuma und Asthma, stärkt Bindegewebe und Nerven, ja hilft sogar bei psychischen Leiden. Die gesundheitlichen Auswirkungen der Gerichte sind jeweils farblich und grafisch hervorgehoben, so dass man diese rasch findet, aber auch überlesen kann, wenn man mag. 

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Nachgekocht: Knuspererdnüsse von Seite 49

Fazit:
Ein wunderschönes Buch, das dazu verführt vegetarisch-chinesisch zu kochen, wenn auch manche der Zutaten logischerweise in Deutschland eher schwierig zu bekommen sind, wenn nicht gar ganz ersetzt werden müssen. Mich begeistert, dass der Vegetarismus zwar das Hauptthema des Buches ist, aber nicht missioniert wird. Dass die Rezepte allesamt fleischlos sind, fühlt sich eher wie „Nebensache“ an, anstatt krampfhaft darauf ausgelegt zu sein, und somit spielt das Buch auf wunderbare Weise mit den Möglichkeiten der pflanzlichen Zutaten. Die stimmungsvollen Bilder machen Appetit auf das Ausprobieren und das Ergebnis auf dem Teller schmeckt. Nicht nur für Vegetarier geeignet!

Bewertung: ✭ ✭ ✭ ✭ ✩

Kurzübersicht:
Titel: Die Chinesische Tempelküche – Vegetarische Originalrezepte aus berühmten buddhistischen Klöstern
Autor: Martina Hasse
Herausgeber: AT Verlag
Umfang: 232 Seiten
Gewicht: ca. 1115 Gramm
ISBN: 978-3-03800-498-1
Erstausgabe: 2010
Preis: 29,90 €

Rezepte aus diesem Buch:

Staudensellerie mit Cashewnüssen

Herzlichen Dank an den AT Verlag, der mir das Rezensionsexemplar dieses Buches zur Verfügung gestellt hat. Meine eigene Meinung zu diesem Buch bleibt davon unberührt.

11 Gedanken zu „„Die chinesische Tempelküche – vegetarische Originalrezepte aus berühmten buddhistischen Klöstern“ von Martina Hasse“

  1. Ich möchte der Buchautorin Martina Hasse keinesfalls zu nahe treten, es mag durchaus einige «Tempel-Restaurants» geben, wie sie es beschreibt.

    Der Alltag der Nahrungsbeschaffung sieht in buddhistischen Klöstern allerdings ganz anders aus:
    Morgens bei Sonnenaufgang gehen die Mönche und Novizen barfuss durch den Stadtteil, der an ihr Kloster grenzt und «sammeln» das Essen ein. Mit einer grossen Almosenschale ausgestattet gehen sie zu bestimmten Plätzen, an denen meist weibliche Gläubige schon warten. Der Reihe nach werden dann bereits gekochte Speisen, aber auch Geldscheine in die Schalen gelegt.

    Der Untertitel des Buchs «Rezepte für ein langes Leben» scheint mir sehr hoch gegriffen. Vegetarische Ernährung mag je nachdem dazu beitragen, andere Aspekte sind jedoch ebenso wichtig.

    1. Spannender Kommentar, lieber Felix – vielen Dank für den Einblick!

      Ja, der Untertitel ist so eine Sache 😉 Die Wissenschaft ist ja inzwischen auch schon so weit, dass wir uns langsam von dem Statement „iss‘ nur genug Obst bzw. Gemüse und Du lebst gesund“ entfernen. Und natürlich sind neben der Ernährung auch der Lebensumstand und andere Einflüsse (und nicht zuletzt das Erbgut) bedeutend; da stimme ich Dir vollkommen zu.

      Eigentlich sollten wir beim Essen wieder lernen viel mehr auf unser Bauchgefühl zu hören. Das sagt uns – zumindest meiner Meinung nach – am ehesten, was wir brauchen. Ob das jetzt der berühmte Apfel am Tag oder auch mal ein gutes Steak ist (was ja auch voller wichtiger Nährstoffe und Vitamine steckt). Ich würde beispielsweise beim Nachkochen vieler Rezepte aus diesem Buch auch tatsächlich Fleischprodukte statt Ersatzprodukte verwenden. Ob beispielsweise Seitan wirklich so gesund für mich ist, wie hier angepriesen, möchte ich gern für mich entscheiden; zumal Geschmack & Konsistenz ja auch eine deutliche Rolle spielen.

      Dennoch fand ich die Rezepte an sich und den Einblick in die fünf vorgestellten Klosteranlagen interessant; allein schon daher, dass man bei uns selten Kochbücher zur asiatischen Küche findet, die „originalgetreu“ sind. Hätte ich angefangen das Buch tatsächlich lediglich nach dem versprochenen Gesundheitsfaktor in Augenschein zu nehmen, hätte ich mich wahrscheinlich nur über die Gesundheitsindustrie samt diversen Diätprogrammen aufgeregt *hihi Ich möchte gerne für mich selbst entscheiden, was mir gut tut.

      Liebe Grüße in die Ferne,
      Ylva

  2. Na, das klingt ja gar nicht schlecht. Noch ein Buch mehr, dass ich haben muss :-). Aber hatten wir nicht bei Dir am Esstisch die Diskussion wg. dem „vegetarischen Huhn“? LG, die Karin

    1. Ja, das haben wir, liebe Karin 😉 Und wie auch schon im Text geschrieben würde ich beim Nachkochen auch eher auf die Ersatzprodukte verzichten und durch zum Beispiel (wenn ich gerade beim „vegetarischen Huhn“ bleibe) lieber ein Huhn vom Hofgut unseres Vertrauens nehmen. Nichts gegen Tofu – gerade Seidentofu kann so viel – oder eine vegetarische Lebensweise! Aber für mich denke ich: wenn schon, denn schon. *hihi
      Liebe Grüße!
      Ylva

      1. Hm… mit Ersatzprodukten wie Tofu und Seitan hätte ich jetzt kein Problem, als „alter Veggie“ :-). Ich finde nur den Begriff eines „vegetarischen Huhns“ etwas seltsam. Und frage mich, warum es nicht einfach „Tofu-Würfel “ ect. genannt wird. Oder weißt Du zufällig, ob dies eine gängige Bezeichnung in China ist? Wäre mal interessant zu wissen.

        1. Das ist eine gute Frage. Es gibt allerdings tatsächlich „Ersatzhähnchen“ und mehr (Thanksgiving in Amerika mit veganem Truthahn… kein Problem mehr!) und auf den Bildern im Buch sieht das jetzt in diesem Beispiel auch aus, wie ein Hähnchen. Daher wäre hier in meinem Fall keine Frage, was ich dafür nehmen würde. Wer dennoch bei Tofu und Seitan bleiben will, der darf das natürlich gerne tun. Aber ich persönlich denke mir: Irgendwann ist auch mal gut mit Ersatzprodukten, die nicht nur so heißen, wie das Original, sondern auch so aussehen. Wenn schon ne Wurst, dann ne Echte 😉

  3. „Vegetarisches Huhn“? Oh Mann 😀 Was es nicht alles gibt… aber ja, an sich gibt es allein „nur“ vegetarisch schon so viele schöne Möglichkeiten. Bei Ersatzprodukten greife ich nur auf die „reinen“ Formen von Natur-Tofu (höchstens mal Räuchertofu, so lecker!) oder Tempeh zurück, Seitan ist mir schon wieder zu stark verarbeitet.
    Hört sich nach einem spannenden Buch an, danke dir für die Vorstellung meine Liebe!
    Viele liebe Grüße!
    Dani

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